Bernhard Poether - Ein Leben mit Licht und Schatten
1906 – 1942
Orte, an denen Bernhard Poether gelebt hat
Datteln – Horstmar - Hiltrup – Münster – Freiburg - Südkirchen – Gelsenkirchen-Buer – Krakau - Ciciena – Gladbeck-Zweckel – Bottrop-Batenbrock – Sachsenhausen – Dachau.
Und das in einer Lebenszeit von nur 36 Jahren!
Kindheit und Jugend in Hiltrup
Kontrastreich war das Leben des Märtyrers Bernhard Poether. Am 1. Januar 1906 wurde er in Datteln geboren. Mit seinem Bruder Hermann und seiner Schwester Maria wuchs er in der tief vom Glauben geprägten Familie des Postmeisters Bernhard Poether und seiner Frau Maria, geb. Timpe, auf. Die Taufe empfing er am 6. Januar 1906 in der Kirche Sankt Amandus in Datteln. Der Kontakt zu seiner Familie hat sein Leben in guten und in schweren Tagen geprägt.
Sein Vater wurde für kurze Zeit nach Horstmar versetzt, danach wurde Hiltrup die Heimat der Familie. Bernhard besuchte die Clemens-Volksschule und wurde heimisch in der Gemeinde Sankt Clemens. Bis heute ist die Erinnerung an ihn in der Gemeinde und darüber hinaus lebendig.
Schulzeit in Münster
Das Gymnasium Paulinum in Münster besuchte Bernhard bis zum Abitur. Neben der Schule interessierten diesen jungen Mann viele Dinge: Das Leben in und mit der Natur, dafür bot Hiltrup einen reichen Boden; Reisen gehörten zu seinen Hobbys, Bootsfahrten auf Flüssen und vieles mehr. Das Erleben der Natur ließ ihn ahnen: „Herr, du bist groß und gut.“
Kurz und intensiv war sein Kontakt zur Jugendbewegung Quickborn mit der Jugendburg Rothenfels. Aus den Begegnungen im Quickborn hat er sich drei Prinzipien für sein Leben bewahrt: Wahrhaftigkeit, bewusste Christlichkeit in der Kirche und Kunstsinn.
Studium der Theologie
Von 1927 bis 1932 absolvierte er sein Theologiestudium in Münster und Freiburg, er lebte zu der Zeit im Theologenkonvikt Collegium Borromaeum und anschließend ein Jahr im Priesterseminar. Viele Interessen begleiteten Bernhard Poether in dieser Zeit: Reisen nach Brüssel und London. Die Museen in der britischen Hauptstadt hatten es ihm angetan.
Ein besonderer Wunsch prägte ihn durch diese Zeit: Russisch zu lernen. Schon während der Schulzeit interessierte ihn diese Sprache, als Autodidakt hat er sie erlernt. Der Hintergrund dieses Wunsches liegt wohl in der Tatsache, dass seit der Oktoberrevolution 1917 in Russland der christliche Glaube immer mehr an Bedeutung verlor. Das schmerzte viele Menschen in und außerhalb Russlands (siehe z.B. die Botschaften der Gottesmutter in Fatima). Bernhard Poether gewann seinen Studienfreund Ludwig Klockenbusch dafür, mit ihm gemeinsam diese Sprache zu erlernen. Dieser hat nur kurze Zeit durchgehalten, Poethers Ziel war, als Missionar nach Russland zu gehen, um den Glauben neu zu verkünden! Sein Kelch ist ein ausdrucksstarkes Zeugnis für diesen Wunsch.
Seine Priesterweihe im Dom zu Münster fand am 17. Dezember 1932 statt.
Das Feuer brannte weiter
Direkt nach seiner Heimatprimiz in der Gemeinde Sankt Clemens in Hiltrup am 26. Dezember 1932 übernahm der Neupriester Bernhard Poether die Vertretung für den erkrankten Pfarrer in Südkirchen. Es folgte ein kurzer Einsatz als Kaplan in Gelsenkirchen-Buer. Das missionarische Feuer in ihm weckte den Wunsch, nach Polen zu gehen, vielleicht, um seine Russisch-Kenntnisse zu vertiefen, ganz sicher auch, um die polnische Sprache vertieft zu lernen. Die Bischofs- und Universitätsstadt Krakau war seine erste Station, der Einsatz in der katholischen Gemeinde in Ciciena, einem Ort in den Biskiden, folgte. Länger als zwei Jahre dauerte der Einsatz in Polen (Frühjahr 1934 bis Sommer 1936).
Die Türen nach Russland blieben ihm endgültig verschlossen.
Neuanfang im Ruhrgebiet
Im August 1936 begann Kaplan Poether seine priesterliche Arbeit in der Gemeinde Herz-Jesu in Gladbeck Zweckel. In der noch jungen Gemeinde fasste er schnell Fuß, er erlebte hautnah die Veränderungen in Deutschland nach der Machtergreifung Hitlers (1933). Mehrere Konfliktfelder setzten ihm zu: Der Religionsunterricht in der Schule, ein wichtiger Auftrag in seinem Dienst, war in diesem Regime nicht wirklich gewollt: Schikanen von der Schulleitung und Anzeigen von dort bei der Regierung waren die Folge. Am liebsten hätte man die Jugendarbeit hinter die Türen der Sakristei verbannt.
Viel anerkennende Zustimmung fand der junge Priester in der großen Gruppe der polnischen Arbeiter im Ruhrgebiet, auch Ruhrpolen genannt. Viele waren dorthin gekommen, oft mit ihren Familien, denn im Ruhrgebiet gab es Arbeit. Für Poethers seelsorgliche Tätigkeit in dieser Gruppe kam ihm der Aufenthalt in Polen sehr zugute. Hier zeichnete sich schon bald ein Konfliktfeld ab, das sich mit dem Angriff Hitler Deutschlands auf Polen voll entfaltete.
Versetzung nach Bottrop
Clemens August Graf von Galen, der Bischof von Münster, wusste um die vielen Angriffe auf Kaplan Poether (und andere Priester), er versetzte ihn im April 1939 nach Bottrop Barkenberg, Sankt Joseph. Die Bedingungen in dieser Gemeinde ähnelten denen in Gladbeck. Die Aggression des Deutschen Staates gegenüber Polen steigerte sich, die polnischen Staatsbürger in dieser Stadt spürten die Folgen hautnah. Von Kaplan Poether wurde anerkennend berichtet, „dass er als wahrer Seelenhirte in der damaligen Zeit der Hetze gegen die Polen keine nationalen Unterschiede kannte“. ( vgl. Spieker, Seite 65)
Hinter Gittern
Der Krieg war gerade drei Wochen alt, da fand Kaplan Bernhard Poether sich hinter den Gittern des Bottroper Gefängnisses wieder – die Freiheit hat er bis zu seinem Tod in Dachau nicht wieder gesehen. Der unerschrockene Einsatz für eine polnische Familie brachte ihn ins Gefängnis.
Ein halbes Jahr dauerte die Haft in Bottrop, eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen. Auch hier war er den Polen nahe, viele von ihnen waren ebenfalls inhaftiert.
Eine viel sagende Geschichte
Bernhard Poether orientierte sein christlich geprägtes Leben am Evangelium.
Junge Gestapo-Beamte verhörten den Kaplan, vielleicht wollten sie ihm mit folgender Frage eine Brücke in die Freiheit bauen: „Wem würden Sie in einer Notlage helfen: Dem Deutschen oder dem Polen?“ Kaplan Poether antwortete:“ Dem, der die Hilfe am meisten braucht!“
Diese Antwort ähnelt der Geschichte Jesu vom barmherzigen Samariter (Lk. 10,25-37). Poether erwies sich als der Nächste, ohne dabei auf die eigene Zukunft zu schauen. Diese tiefe christliche Haltung verschloss ihm den Weg in die Freiheit!
Sachsenhausen
In einem Viehwagen wurde Bernhard Poether mit anderen Gefangenen nach Sachsenhausen gebracht, in ein Konzentrationslager in der Nähe von Berlin. Was ihn dort erwartete, übersteigt unsere Vorstellungskraft. In Sachsenhausen gab es etwa 80 Einzelzellen, genutzt vor allem für besonders angesehene oder „hochkarätige“ Täter. Poether gehörte zu keiner dieser Gruppen, und doch fand er sich in einer solchen Zelle wieder – über 1 Jahr lang in Einzelhaft! Abgeschieden von der Welt – von Deutschen und Polen –,von seiner Familie und Heimat, fernab von Mitmenschen! Ein langes Jahr blieb er dort.
Einige Briefe von ihm an seine Familie, auf den ersten Blick nicht vielsagend, weil sie durch die Zensur mussten, und doch sehr aussagekräftig, weil zwischen den Zeilen mehr zu ahnen ist, als der Verfasser ausdrücken kann und darf. Diese Briefe sind im Bistumsarchiv Münster bewahrt.
Dachau
Aneinander gekettet, wieder auf einem Viehwagen, ging die tagelange Reise von Gefangenen, darunter Bernhard Poether, nach Dachau, ins nächste Konzentrationslager. Von April 1941 bis zum 5. August 1942 dauerte sein Aufenthalt hier. Eingerichtet war in diesem Konzentrationslager ein so genannter Priesterblock. Ein winziges Vorrecht der Priester: täglicher Gottesdienst in aller Frühe - vor der Arbeit. Ansonsten: Knechtung, Erniedrigung, harte Feldarbeit, Drill, karge Hungerrationen, Krankheiten – das war der Alltag: grau in grau.
Der Tod griff immer mehr um sich. Am 5. August 1942 starb Bernhard Poether, völlig entkräftet, er wog nur noch 44 Kilo.
Seine Urne wurde dem Vater in Hiltrup zugesandt, im Familiengrab wurde sie beigesetzt und später in die Pfarrkirche Sankt Clemens übertragen.
Sein Gebet
Kaplan Bernhard Poether hat nie um seine Befreiung aus dem Gefängnis und dem Konzentrationslager gebetet, so berichten Mitbrüder aus dem Priesterblock, sondern nur darum, dass Gottes Wille geschehe.
Darin ist er uns Vorbild und Fürsprecher!