Schon in ihrer frühen Geschichte wurden Christen verfolgt, das hat sich durchgehalten bis in unsere Zeit. Keine andere Glaubensgemeinschaft erlebt heute weltweit so viele Nachstellungen und Ermordungen um ihres Glaubens willen, wie die Christen. Die Zahl der Märtyrer ist unvorstellbar groß, auch in unseren Tagen.
Die ersten Christen haben begriffen, zu unserem Glauben gehört konstitutiv die Begegnung mit anderen Getauften, gemäß der Zusage Jesu: „Wo Zwei oder Drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matthäus 18.20).
Als die frühen Christen sich nicht mehr öffentlich treffen durften, haben sie es im Verborgenen getan, sehr gerne an den Gräbern der Märtyrer. Dort sind sie zusammengekommen zu Gebet und zur Feier des Gottesdienstes, so vor allem bei den Christenverfolgungen in Rom. Als die Christen sich später wieder in ihren Häusern und Kirchen treffen konnten, haben sie die Erinnerung an ihre frühchristlichen Begegnungen an den Gräbern der Märtyrer bewahrt: Noch heute ist in jedem Altar einer katholischen Kirche, an dem Eucharistie gefeiert wird, ein Grab mit Reliquien von Märtyrern und Heiligen eingesetzt. In der Regel befindet es sich unter der Altarplatte, an der Stelle, wo die Gaben von Brot und Wein stehen.
Die Renovierung der Pfarrkirche St. Clemens in Münster Hiltrup machte es im Frühjahr 2020 notwendig, die Urne von Kaplan Poether aus dem Seitenaltar der Kirche zu heben. Seit dem Ende der 1960er Jahre stand sie dort. Zuvor war die Urne, die im Herbst 1942 dem Vater Poether von Dachau aus zugestellt wurde, im Familiengrab auf dem Friedhof der Gemeinde beigesetzt worden. Zur Überraschung aller fanden wir nicht diese Urne, vielmehr trafen wir auf ein schön gestaltetes Kupferkästchen mit dem Namen und den Lebensdaten von Kaplan Bernhard Poether. Es stand genau an der Stelle, an der in allen Kirchen das Reliquiengrab untergebracht ist. Auf mich wirkte das sofort wie ein prophetisches Zeichen: Die damals Verantwortlichen der Gemeinde haben ein kostbares Reliquiengrab geschaffen, wie für die Reliquien eines Märtyrers. Bernhard Poether ist ein Heiliger: Mitbrüder im Konzentrationslager in Dachau haben ihn so wahrgenommen und beschrieben. Polnisch stämmige Menschen, die zuvor mit ihm im Gefängnis in Bottrop inhaftiert waren, und zwar gleich im ersten Kriegsjahr, haben ihn erlebt „wie einen vom Himmel gesandten Engel!“
Unser Wunsch, Kaplan Bernhard Poether selig zu sprechen, hat in derartigen Zeugnissen seine Quelle. Der Antrag dazu an Bischof Dr. Felix Genn, und damit an die Kirche, erwächst aus der festen Überzeugung, dass das Lebenszeugnis von Kaplan Poether für uns als Kirche von heute unendlich hilfreich ist.
Auf dem Bild sehen Sie die geöffnete Altarplatte im Seitenaltar der Clemenskirche. In diesem „Grab“ stand das Reliquien Kästchen von Kaplan Bernhard Poether, dort wird es bald wieder stehen. Der Altar bekommt nach der Renovierung der Kirche eine neue Funktion als Sakramentsaltar der Kirche. Diese Lösung passt ganz hervorragend zu Kaplan Poether, denn er war ein Priester, der dem Geheimnis der Eucharistie sehr eng verbunden war. Dieses Zeichen bleibt prophetisch!
Ewald Spieker, Mitglied im Arbeitskreis Bernhard Poether