Artikel in der WN-Ausgabe Münster-Hiltrup am 27. Januar 2024 von Michael Grottendieck:
MÜNSTER-HILTRUP. Für die Schüler war die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung in Münster ein besonderes Erlebnis, wie sie am Tag danach erzahlen. Dass die Johannes-Gutenberg-Realschule erste Realschule in Münster an dieser Veranstaltung teilnahm, erfüllte vor allem Schulleiter Ulrich Hesselkamp mit Stolz.
Sie waren im Kreise der Oberstufenschüler zweifelsohne die Jüngsten. Dass sie von Oberbürgermeister Markus Lewe dann auch noch interviewt wurden, war für sie ein außergewöhnlicher Moment. Natürlich waren sie zunächst nervös, erzählen Jule, Annalena und Emily. Das legte sich schnell.
Im Religionsunterricht bei Tobias Hopmann hatten sich die neun Schülerinnen und Schüler der Klassen 10b und 10c auf den Besuch vorbereitet. Sie hatten sich den in Hiltrup aufgewachsenen Bernhard Poether zum Thema gewählt, der 1939 von der Gestapo festgenommen wurde und 1942 vollig entkräftet im Konzentrationslager Dachau gestorben ist.
„Wir haben seinen Lebenslauf vorgestellt und festgestellt, dass seine Hilfe für die Polen im Ruhrgebiet Ähnlichkeiten zum Einsatz des guten Samariters im Lukas-Evangelium hat", erzahlt Jule.
„Er war der Überzeugung, dass er den Menschen helfen muss, die am dringendsten seine Hilfe benötigen. Ganz unabhängig, aus welcher Region sie kommen.“
Oberbürgermeister Markus Lewe ließ durchblicken, dass ihm der Name Bernhard Poether geläufig sei, weil sein Bruder einmal auf der Straße gewohnt habe, die nach dem katholischen Priester benannt ist.
Jahrelang hat die Johannes-Gutenberg-Realschule Kontakt mit dem Holocaust-Überlebenden Sally Perel und Autor des Buches „Hitlerjunge Salomon" gepflegt. Perel ist am 2. Februar 2023 im Alter von 97 Jahren gestorben.
„Die Begegnungen mit Sally Perel sind den Schulern in lebhafter Erinnerung geblieben", erzählt Tobias Hopmann. „Sie konnten selbst zehn Jahre später davon erzählen."
Inzwischen ist Bernhard Poether in den Blick geraten, dessen Urne in der St.-Clemens-Kirche aufbewahrt wird. „Täglich hören wir die Glocken der Kirche“, sagt Hesselkamp. Da sei es selbstverständlich, sich stärker mit Bernhard Poether zu beschäftigen, den die Nationalsozialisten mit Gewalt mundtot machten, wie er sagt. „Wir müssen aufpassen, dass es nie wieder so weit kommt in unserer Gesellschaft."
In der kommenden Woche nehmen die Schuler an einem Seminar im Franz-Hitze-Haus teil und fahren zudem in das ehemalige Konzentrationslager Bergen Belsen. Dort werden sie sich mit Anne Frank beschäftigen.