In Bottrop feiert die Gemeinde St. Joseph ihr 100-jähriges Bestehen und begeht dabei den 80. Jahrestag der Festnahme Kaplan Poethers. Mit dabei ist tatsächlich eine Zeitzeugin: die heute 92-jährige Auguste Block, die Nichte des damaligen Pfarrers Bruns. Sie war damals die einzige, die gesehen hat, als der Kaplan von der Gestapo abgeführt wurde.
Aus Cloppenburg nach Bottrop zu fahren, war der 92-jährigen Frau eine Freude. Schließlich hat sie viele Jahrzehnte im Pfarrhaus gelebt und freut sich auf das Wiedersehen mit zahlreichen alten Bekannten. Begleitet wird sie von ihrem Sohn Matthias, der stets hilfreich zur Seite steht.
Sie ist zwar mittlerweile auf einen Rollstuhl angewiesen, doch geistig ist sie bewundernswert rege und präsent. Kräftig ist ihre Stimme, als sie vor der Eingangstür zum Pfarrhaus das Wort ergreift. Umringt ist sie von einer Gruppe von Menschen, darunter ihr Sohn, der Küster, 13 Messdienern und Pfarrer Ewald Spieker aus Hiltrup, der den Gottesdienst zu Gedenken an Kaplan Poether zelebrieren wird.
„Ich war an dem Tag, am 22. September 1939, einem Freitag, zu Hause, im Pfarrheim St. Joseph. Die Sommerferien waren verlängert worden, weil drei Wochen zuvor der Krieg gegen Polen begonnen hatte.“ Da ihr Onkel in der Kirche die Frühmesse las, war sie mit Kaplan Poether allein im Pfarrhaus, erzählt sie.
Gegen 8.15 Uhr klingelte es. Zwei Männer in langen Mänteln standen vor der Tür, Sie stellten sich nicht vor, sondern sagten nur, sie wollten Herrn Poether sprechen.
„Sie sagten nicht, sie wollten Kaplan Poether sprechen“, betont Auguste Block, weil es ihr wichtig ist.
Sie sei die Treppe im Pfarrhaus hochgesaust zu dem Kaplan, der am Fenster gestanden habe und alles mitverfolgt habe. „Da sind zwei Männer, die möchten Sie sprechen“, sagte sie. Bernhard Poether sei sehr blass gewesen. Er habe genau gewusst, was jetzt auf ihn zukommen werde. Dessen ist sie sich sicher.
Wenige Tage zuvor war der Kaplan ein zweites Mal binnen weniger Tage bei der Gestapo vorstellig geworden. Er hatte sich für polnisch-sprachige Mitglieder seiner Gemeinde eingesetzt, die unmittelbar nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 festgenommen wurden. Als der Sohn einer der Festgenommen an der Front fiel, war Kaplan Poether abermals zur Gestapo gegangen. Die Beamten gaben später zu Protokoll, sie hätten den Geistlichen auf der Wache wegen seines herausfordernden Verhaltens zurechtgewiesen. Immerhin: Der polnisch-sprachige Vater des gefallenen deutschen Soldaten kam frei.
Am nächsten Tag kam die Gestapo ins Pfarrhaus. „Sag Deinem Onkel, sie haben mich geholt“, das waren die letzten Worte, die Auguste Block hörte. „Wir gingen die Treppe hinunter. Es wurde nicht mehr gesprochen. Kaplan Poether ging sofort mit den beiden Männern hinaus.“
„Mir ist der Tag nie verloren gegangen“, erklärt die Zeitzeugin später im Gespräch mit der Hiltruper Delegation. „Ich muss immer wieder daran denken. Es war eine so unheimliche Atmosphäre.“
Die Gemeinde in Bottrop wünscht den Hiltrupern „viel Glück im Kampf für die Seligsprechung“. Auguste Block sagt, sie wolle gerne nach Hiltrup kommen. Einmal sei sie dort gewesen und habe den Gedenkstein in der Kirche, den Stolperstein am Klosterwald und auch das Kreuz auf dem Familiengrab gesehen.
Das alles habe ihr sehr gefallen.
WN, 28.09.2019; Autor: